Die Landesarmutskonferenz Sachsen-Anhalt fordert anlässlich des Paritätischen Armutsberichts ein politisches Umdenken
„Die höchste Inflation 2022 seit der Wiedervereinigung hat im Ergebnis zur fortschreitenden Verfestigung von Armut in Deutschland geführt. Statt wenig Hilfe für alle hätte es ausreichender Hilfe für die, die sie zur Alltagsbewältigung und Existenzsicherung brauchen, bedurft. Die Ergebnisse des Paritätischen Armutsberichts 2024 sind also nicht verwunderlich, wonach Armut in Deutschland auf einem hohen Niveau verblieben ist. 14,2 Millionen Menschen leben in Armut. In Sachsen-Anhalt ist jede fünfte Person betroffen. Die Kinderarmut hat mit 21,8 % einen traurigen Rekord erreicht“, erklärt Barbara Höckmann, Vorsitzende des Sprecher*innenrates der Landesarmutskonferenz Sachsen-Anhalt.
Von den von Armut betroffenen Menschen sind mehr als ein Viertel erwerbstätig. Einen großen Teil machen die Nichterwerbspersonen aus (68,6 %), von denen wiederum ein Drittel in Rente oder Pension und ein weiter knappes Drittel unter 18 Jahren ist.
Es geht also am Problem vorbei, wenn Armutsbekämpfung politisch immer wieder auf die Frage der Arbeitsmarkintegration verkürzt wird, denn einem Großteil der Menschen wäre damit nicht geholfen. Vielmehr muss es um bessere Erwerbseinkommen, bessere Alterseinkünfte und einen Kinderlastenausgleich gehen, der Kinder und ihre Eltern zuverlässig vor Einkommensarmut schützt. Gleichzeitig braucht es grundlegende Reformen der Renten- und Pflegeversicherung sowie eine tatsächlich existenzsichernde Ausgestaltung fürsorgerischer Leistungen.
Eine klare Absage erteilt die Landesarmutskonferenz Sachsen-Anhalt dem Wahlkampf auf Kosten der Schwächsten. „Die Spaltung unserer Gesellschaft darf nicht weiter verschärft werden. Die geforderte Sparpolitik, um Haushaltslücken zu schließen, muss sich gegen die Profiteure der Krisen richten, anstatt auf die Kindergrundsicherung verzichten zu wollen. Sie muss Vermögende stärker belasten, anstatt Geflüchtete für Armut verantwortlich zu machen. Die Diffamierung von Menschen als „Sozialschmarotzer“, „Totalverweigerer“ und „Faulenzer“ ist Wahlkampfrhetorik aus der Mottenkiste. Hier werden ohne Rücksicht auf Verluste Arbeitnehmer*innen und Erwerbslose gegeneinander ausgespielt. Die angeblich falschen Anreize, die das Bürgergeld liefere, sind nichts anderes als ein populistisches Ablenkungsmanöver von Debatten über zu schlecht bezahlte Arbeit und dem zu geringen Lohnniveau in Deutschland.
Die LAK Sachsen-Anhalt teilt die Forderungen des Paritätischen zur Bekämpfung der Einkommensarmut und fordert die Politiker*innen aller demokratischen Parteien dazu auf, sich diesen Herausforderungen zu stellen und damit Armut endlich wirksam zu bekämpfen“, fordert Barbara Höckmann.
Die ausführliche Positionsbestimmung der Landesarmutskonferenz Sachsen-Anhalt zieht auf Basis des Paritätischen Armutsberichtes Schlüsse für politische Handlungsnotwendigkeiten und liefert konkrete Vorschläge und Forderungen zur Armutsbekämpfung.
Hintergrund:
Unter dem Motto #GemeinsamGegenArmut hat sich am 15. November 2023 in Burg die erste Landesarmutskonferenz Sachsen-Anhalt gegründet. 30 Verbände und Organisationen riefen ein Forum von Nicht-Regierungsorganisationen zur Vernetzung der Aktivitäten gegen Armut ins Leben. Das Bündnis will verschiedene zivilgesellschaftliche Akteure übergreifend vereinen und sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen armutsbetroffener Menschen in Sachsen-Anhalt einsetzen. Anliegen ist, die gesellschaftlichen Gefahren von Armut im Reichtum zu verdeutlichen, Ursachen zu benennen, Lösungsansätze zu Vorbeugung und Überwindung von Armut aufzuzeigen sowie politisches Handeln einzufordern.